Mittelalter und Neuzeit

Seit dem 9. Jahrhundert finden sich Spuren einer erneuten Besiedlung in Wien. Ihre Keimzelle hatte die sich neu entwickelnde Stadt im Innenareal des einstigen Legionslagers Vindobona, dessen Befestigungsanlagen weitgehend erhalten geblieben waren. Auch die ursprünglich römischen Straßenzüge wurden weiterhin genutzt. Um 1200 wurde ein neuer, um ein Vielfaches größerer Mauerring angelegt. Damit war der Grundstein für die Entwicklung der Stadt zu einem bedeutenden mittelalterlichen Zentrum mit der Stephanskirche als geistigem Zentrum gelegt.  

 

Obwohl man schon im späten 19. Jahrhundert begann, Baustellen in der Wiener Innenstadt archäologisch zu überwachen, fanden Baureste und Artefakte aus dem Mittelalter und der Neuzeit lange Zeit wenig Beachtung. Dies änderte sich ab den 1970er-Jahren; bedeutende Impulse dafür gingen vom innerstädtischen U-Bahn-Bau aus. Zu den wichtigsten Entdeckungen im 20. Jahrhundert zählt die unterirdische, neben dem Stephansdom gelegene Virgilkapelle, deren Bau im 12. Jahrhundert begann. Zu einem weiteren bedeutenden Sammlungszuwachs kam es Mitte der 1990er-Jahre in Folge der Grabungen, die der Errichtung des Mahnmals für die jüdischen Opfer des NS-Regimes in Österreich (1938–1945) auf dem Judenplatz vorausgingen: 

Dabei konnten Teile der 1421 zerstörten Synagoge freigelegt werden, die das Zentrum der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde gebildet hatte. Die bei dieser Grabung geborgenen Artefakte gewähren Einblicke in das tägliche Leben der Bewohner:innen des Viertels und lassen Rückschlüsse auf die Ausstattung des Sakralbaus zu.

 

Die archäologischen Maßnahmen, die begleitend zu jedem neuen Bauvorhaben in der Stadt durchgeführt werden, legen laufend weitere Mosaiksteine zur Wiener Geschichte frei. Auch im Zuge des Umbaus des Wien Museums wurden 2019/2020 die Ablagerungsschichten der letzten 200 Jahre untersucht, die unter anderem neue Einblicke in die Umweltgeschichte Wiens ergeben haben. Fachübergreifende Forschungen wiesen unter anderem historische Umweltsünden und Ablagerungen der Atombombentests auf dem Bikini-Atoll in den 1950er-Jahren im Erdreich nach.

 

Die mittlerweile auf rund 50.000 Objekte angewachsene Sammlung von mittelalterlichen und neuzeitlichen Bodenfunden liefert nicht nur wichtige kultur- und umwelthistorische Informationen, sondern auch wertvolle Datierungsansätze für die Erforschung der Stadtgeschichte.

Aquamanile, 13. Jh. | Foto: TimTom, Wien Museum

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