Legenden aus dem Wiener Kunstbetrieb

Fotos von Didi Sattmann

16. Mai – 1. September 2002

Legenden aus dem Wiener Kunstbetrieb

Fotos von Didi Sattmann

16. Mai – 1. September 2002
Archiv

Das Historische Museum der Stadt Wien lotet immer wieder von Neuem die Grenzbereiche zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aus, und positioniert sich somit seit Jahren als ein lebendiger Ort der Begegnung zwischen den Bewohnern der Stadt und ihrer Kulturgeschichte. Eine Schiene dieser vitalen Auseinandersetzung des Museums mit "seiner“ Stadt ist die Präsentation der Arbeiten von Fotokünstlern, die im Spannungsfeld einer sich ständig wandelnden Sozietät, die Spurensuche ihrer sozialen und kulturellen Identität betreiben. Seit rund 20 Jahren begleitet der Künstler Didi Sattmann mit seiner Kamera österreichische KünstlerInnen, vor allem in Wien, aber auch in Berlin, Neapel, New York, ....

"Die Aufnahmen folgten keinem konkreten Plan, und waren lange Zeit auch von keinerlei kommerziellen Absichten getragen. Allein die Freude an der Begegnung, die Suche nach Antworten auf Fragen der Kunst und des Künstler-Seins waren Antrieb meines Tuns: Das Wesentliche an der fotografischen Arbeit ist für mich die Begegnung mit Menschen, deren Emotionen, Können und Wissen, die Begegnung mit Frauen und Männern. Obwohl dieses Medium geradezu prädestiniert zu sein scheint, lediglich äußere Erscheinungsformen zu dokumentieren, dient mir die Fotografie vor allem dazu, Inhalte in Erfahrung zu bringen, zu transportieren und in Frage zu stellen."

Daher ist es auch nicht erstaunlich, dass bei Sattmanns Porträts nicht die Frage nach dem "Aussehen“ von Menschen das zentrale Anliegen ist. "Im vorliegenden Fall bin ich vor allem der Frage nachgegangen, welcher psychosoziale und mentale Background Menschen den Mut und die Kraft gibt, Künstler zu werden und welchen Preis jene dafür zu zahlen bereit sind, dass sie einer solchen Berufung folgen. Nach anderen Kriterien zu leben, als die Massen, beinhaltet zwar die Chance zur Entwicklung des kreativen und emotionalen Potentials, bedarf aber großer innerer Stärke und Unabhängigkeit, und birgt somit beträchtliche, persönliche Risken: In den Medien erscheinen Künstler häufig als die modernen Helden, welche den Diskurs ihrer Gesellschaft antreiben und in Gang halten. Anerkennung, Erfolg und Wohlstand scheinen daher den schöpferischen Menschen dafür sicher zu sein, dass sie der Gesellschaft gleichermaßen Freude und kritische Reflexion zuteil werden lassen. - Die Realität sieht anders aus: Künstler zu sein heißt sehr oft, ein Leben unter großen materiellen Entbehrungen, weit unterhalb der 'Armutsgrenze’ zu führen. Einsamkeit, Verzweiflung, Alkohol und Elend sind nicht selten die immer wieder kehrenden Begleiter von Künstlerbiografien. Für eine gute Kunst leben sie alle, aber von der Kunst "gut leben“, das können die wenigsten. Auf Grund ihrer sozialen Stellung und ihrer finanziellen Lage empfinden sich daher Künstler nicht selten als Spielball fremder Mächte, und ohne adäquate Gegenleistung für politische und gesellschaftliche Anliegen instrumentalisiert und benutzt. Auf der anderen Seite hat mich stets fasziniert, mit welcher Kühnheit, mit welcher menschlichen Größe viele Künstler den Begehrlichkeiten der Mächtigen die Stirne bieten, und mit wie viel Witz, Humor, Ironie und Erfindungsreichtum sie ihre exponierte Situation immer wieder von Neuem bewältigen.

Hinter den Fotos steht also auch die Frage, welche Parameter dafür ausschlaggebend sind, dass sich auch bei ganz hervorragenden Künstlern der finanzielle Erfolg und die öffentliche Anerkennung oft erst nach Jahrzehnten einstellen, und anderen, deren Konzepte vielleicht sogar besser, kühner, innovativer sind, dieser Erfolg überhaupt versagt bleibt: "Was heißt Erfolg? - Es gibt in der Kunst keine objektiven Kriterien dafür, ob eine Arbeit als gelungen anzusehen ist, und die breite öffentliche Wertschätzung und damit verbundener Wohlstand sind selten ein Maßstab dafür, ob ein Künstler eine geistig oder spirituell hochstehende Persönlichkeit ist." - Naturgemäß maßen sich die Fotos nicht an, auf die Fragen ihres Autors eine Antwort zu liefern, sie nähern sich lediglich den Fragen an, und geben diese an den Betrachter weiter.

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