Face it!
Reaktionen auf eine Ausstellung
10. September 2020 – 10. Januar 2021
Face it!
Reaktionen auf eine Ausstellung
Anfang September hat das Wien Museum die Bauzaun-Ausstellung „Face it! Porträts aus dem Frühjahr 2020“ eröffnet. Zu sehen waren Aufnahmen der Fotografin Elodie Grethen, die im Auftrag des Wien Museums von April bis Juni 2020 Personen mit Mund-Nasen-Schutz porträtiert hat. Dazu gab es Interviews über das persönliche Erleben der Situation während des „Lockdowns“ und in den darauffolgenden Wochen, aufgezeichnet von Peter Stuiber.
Mit direkten Reaktionen am Bauzaun war zu rechnen, denn jede Outdoor-Ausstellung lädt dazu ein. Zudem ist das Thema „Maske“ (und andere Anti-Covid19-Maßnahmen) bereits im Frühjahr heftig diskutiert worden, und mittlerweile hat sich virtuell und real eine Gegnerschaft dazu formiert, die für ihre Ansichten öffentliche Aufmerksamkeit erhofft. Die Radikalisierung in der Auseinandersetzung lässt sich anhand der Ausstellung ablesen: Während in den ersten Wochen vereinzelte kritische Kommentare zu lesen waren, die vom Museum bewusst nicht entfernt wurden, und fallweise beschmierte Fotos ausgetauscht werden mussten, wurde die Ausstellung im Oktober vor allem an Wochenenden, an denen auch Demonstrationen gegen die Covid-Maßnahmen in der Innenstadt stattfanden, wiederholt völlig zerstört.
Doch wie geht man als Museum mit so einer Art von „Meinungsäußerung“ um? Ursprünglich war die Präsentation am Bauzaun bis Anfang Jänner 2021 geplant. Doch aus Rücksicht auf die Personen, die sich für diese dokumentarische Serie zur Verfügung gestellt haben, hat das Wien Museum beschlossen, die Fotografien und Statements ab sofort ausschließlich online zu präsentieren. Mit dieser „virtuellen Ausstellung“ ist dafür gesorgt, dass die Inhalte auch weiterhin öffentlich zugänglich sind, die Porträtierten aber nicht mehr direkt am Bauzaun zur Zielscheibe anonymer persönlicher Angriffe werden können.
Hier vor Ort zeigen wir den Letztzustand der Ausstellung vom Sonntag, dem 1. November, direkt nach Anti-Covid-Demos, zwei Tage vor dem zweiten Lockdown: ein punktuelles Zustandsprotokoll einer Gesellschaft im Ausnahmezustand. Ergänzend dazu werden Details früherer Beschädigungen gezeigt. Zu sehen sind auch Aufnahmen vom Tag der Eröffnung (9. September).
Face it. Porträts aus dem Frühjahr 2020
Fotografien von Elodie Grethen
Interviews von Peter Stuiber
Frühjahr 2020: Innerhalb kürzester Zeit verändert sich unser Leben durch Covid-19 radikal. Wir begegnen einander im Alltag „auf Distanz“, nehmen unsere Umwelt anders wahr. Im Auftrag des Wien Museums hält die Fotografin Elodie Grethen das sichtbarste Zeichen der Pandemie – das Tragen von Gesichtsmasken – fest und porträtiert Menschen mit Mund-Nasen-Schutz für die Museumssammlung. Parallel zu den Aufnahmen werden Interviews über das persönliche Erleben der Situation geführt: Fühlt man sich sicher oder bedroht? Welche Schutzmaßnahmen erachtet man als sinnvoll? Wie wirkt sich die Pandemie auf Beruf und Privatleben aus?
Die 18 Porträts entstanden von April bis Juni 2020, reichen also vom strengen Shutdown bis zu der weitgehenden Zurücknahme aller behördlichen Schutzmaßnahmen und dem Wiederansteigen der Fallzahlen. Grethens Bilder zeigen Menschen nicht nur aus den vielzitierten „systemrelevanten“ Berufen, sondern aus allen Teilen der Bevölkerung. Die Persönlichkeiten hinter der Maske vermitteln Zurückhaltung und Ernsthaftigkeit ebenso wie Zuversicht und Humor. Daraus ergibt sich ein Kaleidoskop des Alltags in Wien zwischen Ausnahmezustand und Routine: Momentaufnahmen aus einer Zeit, wie wir sie bis vor Kurzem für undenkbar gehalten hätten.
Kurator / Interviews:
Peter Stuiber
Fotografien:
Elodie Grethen
Ausstellungsgestaltung:
Robert Rüf
Ausstellungsgrafik:
solo ohne – Studio für Gestaltung