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    Edith Payer

    Gespreizte Welt

    10. Januar – 9. Februar 2006

    Edith Payer

    Gespreizte Welt

    10. Januar – 9. Februar 2006
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    1010 Wien, Felderstraße 6–8
    1010 Wien, Felderstraße 6–8

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    Wie konnte ich wissen, daß ich kürzlich einen ganzen Tag verschlafen habe? »Heute auf dem Markt habe ich versucht, Endivien zu bekommen, gibt es nicht zu dieser Jahreszeit « — »Du meinst sicher Chicoree, übrigens ist heute kein Markt.« »Sie zog eine Fotografie unter dem Polster hervor und reichte sie K.«, fängt sie an vorzulesen, »Sehen Sie dieses Bild an«, sagte sie bittend. Um es besser zu sehen, machte K. einen Schritt in die Küche, aber auch dort war es nicht leicht, etwas auf dem Bild zu erkennen, denn dieses war vom Alter ausgebleicht, vielfach gebrochen, zerdrückt und fleckig. »Es ist in keinem sehr guten Zustand«, sagte K. »Leider, leider«, sagte die Wirtin, »wenn man es durch Jahre immer bei sich herumträgt, wird es so. Aber wenn Sie es genau ansehen, werden Sie doch alles erkennen, ganz gewiß. Ich kann Ihnen übrigens helfen, sagen Sie mir, was Sie sehen, es freut mich sehr, von dem Bild zu hören. Was also?« »Einen jungen Mann«, sagte K. »Richtig«, sagte die Wirtin, »und was macht er?« — »Er liegt, glaube ich, auf einem Brett, streckt sich und gähnt.« Die Wirtin lachte. »Das ist ganz falsch«, sagte sie. »Aber hier ist doch das Brett, und hier liegt er«, beharrte K. auf seinem Standpunkt. »Sehen Sie doch genauer hin«, sagte die Wirtin ärgerlich, »liegt er wirklich?« — »Nein«, sagte nun K., »er liegt nicht, er schwebt und, nun sehe ich es, es ist gar kein Brett, sondern wahrscheinlich eine Schnur, und der junge Mann macht einen Hochsprung.« — »Nun also«, sagte die Wirtin erfreut, »er springt. Ich habe ja gewußt, daß Sie es erkennen werden. Sehen Sie auch sein Gesicht?« — »Vom Gesicht sehe ich nur wenig«, sagte K., »er strengt sich offenbar sehr an, der Mund ist offen, die Augen zusammengekniffen, und das Haar flattert.« — »Sehr gut«, sagte die Wirtin anerkennend. »Mehr kann einer, der ihn nicht persönlich gesehen hat, nicht erkennen.« Wer hat das Licht eingeschaltet nebenan, und wann? »… lagen dann, fast entkleidet, denn jeder hatte des anderen Kleider mit Händen und Zähnen aufgerissen, in den kleinen Pfützen Bier.«, lese ich dann. »Arg«, lehnt sie sich gähnend zurück. »Diese Stelle wurde gestrichen.« — »Hast du auch von dem Mann gehört, der während der letzten zehn Jahre oder so die Rente seiner toten Mutter kassiert hat? Was er wohl falsch gemacht hat, als er im Postamt aufgeflogen ist? Vergessen, sich zu rasieren oder seine Stimme zu verstellen?«
     


    Kurzbiographie
    Edith Payer 1975 geboren in Wolfsberg/Lavanttal | 1998–2003 Akademie der bildenden Künste, Wien | 2001 kuvataideakatemia Helsinki, Finnland | 2005 Artist in Residence, Casale Marittimo, Italien | Förderungsstipendium der Anni und Heinrich Sussmann Stiftung

    Ausstellungen/Projekte (Auswahl)
    2005 blimp und das m, k/haus Passage, Wien | gosh! Where are you, now? auto, Wien | 2004 Dream in Dialogue, Yerevan, Armenien | Display 2004, Kforumvienna, Shultz Bar, Wien | Ladyfest, Schikaneder, Wien | 2003 Diplomausstellung, Atelierhaus Lehargasse, Wien | Rebellion der Schatten, auto, Wien | Die Bücher der Künstlerinnen, Kupferstichkabinett, Wien | 2002 Endlich sechs und 20!, WestLicht. Schauplatz für Fotografie, Wien | tracce di un seminario, galleria via farini, Milano, Italien | 2001 Free. The academy of fine arts at the makasiinit, Helsinki, Finnland | Idea bank, Advanced Course in Visual Arts, Como, Italien

    Beiträge (Auswahl)
    emotional discussion about violence, in: Techno, Wien, 2004 | rob Peter to pay Paul, in: guestroom, München, 2004 | Patriotenserie, in: museum in progress, »Der Standard«, Wien, 2000 | Vogelschau, in: Metronome 4-5-6, Frankfurt-Brüssel-Wien, 1999

     

    Kontakt:

    edithpayer@gmx.net

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